Sonntag, 25. November 2007

Psychotische Auswirkungen auf die neurophylaktische Veranlagung junger Männer Teil 4

Jaja, ich bin im Büro. Toll.


Wenn ich das jemandem erzähle werd ich immer gleich ausgelacht. Niemand glaubt mir dass es im Büro wirklich anstrengende Arbeit gibt. Darum jammere ich jetzt ein bisschen im Internet rum... :)

Ganz ehrlich, ich muss mich dabei kurz fassen. Weil ich weiss, dass in wenigen Stunden schon wieder ein Monitor vor meiner Birne flimmert und ich die tolle Liste "Schunummern" nach Zügen und Alphabet sortiert, erstellen darf. Es gibt ungefähr 3,4 Millionen Listen die im Militär von immenser Wichtigkeit sind und alle immer "sehr dringend" oder "sofort" erledigt werden müssen. Das artet soweit aus, das ich meinem Wachmeister letzte Woche klar gemacht habe, dass er jetzt besser anfängt mir mit diesen Scheiss Listen zu helfen, sonst wisse ich nicht wo mein Gewehr Kolben als Nächstes lande...

Er hat mich ausgelacht, sich von seinem "kleinen Nebenprojekt für die Firma" erhoben und mir allen Ernstes geholfen. Gott Sei Dank gibt es noch so etwas wie ein soziales Umfeld und eben "Kameradschaft"... What the Hell... Ich kann die Listen nicht mehr sehen. Ich hab ja meinen Job gekündigt damit ich mal etwas anderes als die Computer Tastatur sehen kann, weil mir 8 Stunden am Tag PC einfach zu viel waren, und jetzt sitze ich etwa 15 Stunden am Tag vor dem Scheiss Teil... aber ebe, was wötsch gäll... chasch jo süst uf s Feld use... (schlotter schlotter bibber)

Diese Woche musste ich bei den hohen Tieren antanzen. Schulkommando mit meinem Memory Stick heim suchen und den Herren die neuesten Updates auf den PC spitzen. Leider bin ich in solchen Sachen relativ geschickt und speditiv. So speditiv dass ich eine Viertelstunde ins "persönliche Gespräch zur Qualifikation von potenziellen Anwärtern für die Kaderschule" berufen wurde. Nein ich will nicht Militärbuchhalter werden, und auch kein Serienbriefkiller. Die Kampfbüroordonnanz gibts auch noch nicht und deshalb habe ich mich mit dem Scheff darauf geeinigt dass ich einfach hier meinen Job mache und dann nach Hause gehen werden. Ich will doch einfach meinem Vaterland mütterlicherseits dienen und den Jungs auf dem Feld helfen, den Scheiss ein bisschen erträglicher zu machen.

Das heisst?

Rekrut mit weissem Gesicht, glasigem Blick, in gekrümmter Haltung fragt mich ob er ins MZR (Medizinisches Zentrum der Region) darf. Also hau ich den Feldi an und der geile Bock gibt mir die die noch viel geilere Weisung:

Wenn Rekrut Fieber, dann MZR. Wenn Rekrut kein Fieber, ab aufs Feld.

Also hole ich den Pimpel runter aufs KP und stecke ihm den Fieber sonst wo hin. Der Wachtmeister überprüft die Anzeige und dort steht klar und deutlich fantastische 36.5° - Kein Fieber heisst, ab aufs Feld!

Der Wachtmeister schaut mich an, ich sage in lautem Ton zu Ihm:
"Ah lueg ä mol a, 38.9 das isch überhaupt nid guet!"
Mit kritischem Blick und Ton antwortet er mir:
"Nei Savoca do stot ganz klar 36 e halb."

Mein Blick verdunkelt sich, ich pluster mich ein bisschen auf ...
und antworte ihm


"Wachmeister, do stot ganz eidütig 38.9 de Maa ghört sofort is MZR. Lueged sie ehn doch emal a! De kippt jetzt den grad us de Latsche! Usserdem händ sie jo sowieso en Brülle und gsänd das Quecksilber do nid richtig!"



Kleinlaut schickt der mega Scheff meinen Kameraden in die medizinische Verdammung und ich bin froh, kann ich hier auch meinen Beitrag leisten. So geht das den ganzen Tag... irgendwie werde ich immer genervter, vielleicht sollte ich mal anfangen Pillen zu schlucken. Ich meine so Lustigmacher wie Extasy oder ein bisschen LSD...? Damit der grüne Alltag ein bisschen bunter wird...

was auch immer... ich bin immer noch froh um alle Päckli die ich erhalte (Danke SCS, Danke Mami, Danke Nina!!!) und wer mich kennt weis das ich genug frech bin hier einfach und diskret noch mal meine Militär Adresse zu hinterlegen, falls ihr das Gefühl habt. "ou mol. ich schick ihm doch mal es päckli... es CHOSTET JA NÜT!!!!

Rekr Savoca Andrea
Pz S 21-3 Pz Sap Kp 5
Kaserne
3609 Thun


MEEEERCI für Schoggi und Süsses.... :)


Und bis dan hebed euch sorg, und es schöns Tägli wünscht euch

Rekrut Savoca

Montag, 19. November 2007

Leidenbericht einer Lunge Woche 3

Wer hätte das gedacht....

Jetzt bin ich am Sonntag Abend wieder eingerückt, direkt mit meiner Matratze ins Büro runter und habe entspannt bis um 0600 geschlafen. Da kommt Kamerad Strasser reingeplatz und erzählt mir zuerst was von "chill de Läbe mann" und dann "hey mer sind die Woche ned ufem Fäld"

So fängt eine gute Woche für mich an!

In einer Seelenruhe die selbst einen mongolischen Mönch beeindruckt hätte, watschle ich rauf zu den Duschen. Alle schreien herum, Dutzende grüne Männchen schwirren um mich herum, feuern sich gegenseitig an, stolpern in ihren schweren schwarzen Schuhen durch den Gang und versuchen alles SCHNEEEEELLLEEEER zu machen.

Währendessen läuft in meinem Kopf "Led Zeppelin - When the Leeve Breaks"
ich laufe wie in Zeitlupe in meinen Gesundheits Schlarpen durch das grüne Dickicht von jungen Männern, bewege mich extasisch, drehe mich um 360° wirble dabei mit meinen Zeigefingern durch die Luft, und nicke mit meinem Kopf zum Takt den nur ich hören kann. Die Zeit steht still, ich bin anders, ich bin besser, ich bin freier, ich bin ruhiger, ich bin BÜRO ORDONNANZ!

Verwirrte Köpfe suchen meinen Blick, schauen mir in die Augen, checken mein Tenue ab, schauen auf die Uhr, schreien etwas wie SAAAVOOOCA; SCHNEEEEEELLLER!!!!"
aber ich hör sie nicht, ich laufe in einer parallelen Dimension, hier gelten andere Regeln, ich hebe meine beiden Arme in die Luft und mache eine dieser rebellischen Satansposen mit meinen Fingern und meine Augen schliessen sich. Ich habe alle Zeit der Welt. Ich werde mein Sturmgewehr nur noch putzen. Nicht Schiessen, nur noch putzen. Ich nehme mein Duschmittel und schmiere den ganzen Boden damit ein - immer noch dieser Soundtrack in meinem Hirn - ich mache eine Blutgrätsche und dann flitze ich auf meinem nackten Hintern durch die Dusche, AAAYEEEEAAAAH!!!!!

Frisch geduscht, die Kaserne ist mittlerweile leer, ziehe ich mir ein etwas passenderes Tenue an, sitze runter ins KP Büro und frage wann es Frühstück gibt.
"äääh weisch, ich bin eh ned so der Zmorge Ässer, gang doch eifach go ässe, und gäll lah der Ruhig Zyt!"
Hand Clap mit dem Kameraden, ich schwinge mich auf den Militär Drahtesel und fahre die 600meter in die Dofour Kaserne. Tight Alta! Kaffe, Zeitung, ich hab alle Zeit der Welt, ok soviel dann auch nicht wieder - Die Küche schmeisst mich aus der Kaserne und teilt mir die genauen Öffnungszeiten mit. Naja mir egal. Jetzt erstmal richtig auf s Scheisshaus.
Um 0900 bin ich bereit zum Dienst und lege mir die Aargauer Zeitung, die 20Min und den Blick bereit. Jetzt kanns von mir aus losgehen :)

Dienstag Detachement Büro Ordonnanz Kurs

AB DIENSTAG 0600 STEHEN SIE UNTER DER FÜHRUNG VOM SCHULKOMMANDO UND SOMIT VON FOURRIER MORF. JEGLICHE BEFEHLE VON ANDEREN VORGESETZTEN WERDEN IGNORIERT. VERSTANDEN?

VERSTAAAANDEEEN!

Und wie ich das verstehe... hehehe...

Dienstag Morgen um 0730 fängt die höchstkomplizierte Schulung an. Um 08.45 können wir uns eine Pause von 45 Minuten gönnen. Danach arbeiten wir noch bis knapp nach 11 Uhr und wir haben 2 Stunden Mittagspause. Kurz gefasst könnte man es zusammenfassen in dem man sagt, Pausen sowie der Unterricht halten sich sehr ausgewogen die Waage. Meine Lunge lässt grüssen, den in so eine 45 minütige Pause passen locker 5 Zigaretten und 3 Espresso Ristretti...

Dienstag Abend Ausgang, gar nicht so einfach das verdammte Billiard. Vorallem war Kamerad Strasser Kantischüler und sehr stark in Logik und abstrakten Gedanken bla bla. Ich verliere haushoch, aber egal, dafür verträgt der Alte keine Herzwässerli. Apropos, wusstet ihr das man in Thun der Bedienung ca. 3 Mal erklären muss, was ein Herzwässerli ist, bis sie mir endlich mein 5dl Glas mit Jack und Cola füllte? und die wunderhübsche aber strohblonde Dame verlangte dann auch noch gewaltige 24 Franken von mir... Naja scheissegal, ich konnte nicht mehr einschlafen, ich war wirklich zu besoffen dafür...

Mittwoch hatten wir Repetition der vielen Pausen und eine Übung zur Prüfung am Abend die ich natürlich mit 40 von 40 Punkten bestanden habe. Das hiess für alle noch einmal AUSGANG MEINE HERREN! und das haben wir dann auch sehr ernstgenommen. Auf jeden Fall war der Barkeeper sehr nett zu uns. Die letzten Drinks hat er uns für vier Franken das Stück verkauft, denn wir hatten a) unseren ganzen Sold bei ihm versoffen und b) auch gar nicht viel mehr in der Tasche... Witzig war als dann ABV (Abendverlesen und Bestandesaufnahme jedes Zimmers um 2300 Uhr) war... unser Zimmerchef kam zurück, und meinte:

"S näääägschtmoll söll gfääääligscht eine ans ABV; wo ned lingggs und rrrrächts schauklet bim salutiere..."
"aber für hüt isch gläääbs oukkkey gsi, i weiss gar ned was i eu no sölll verzelle wäge moorn, ääääh esch jo au glich, guet nacht"

Jaja, und am Freitag konnten wir bei -10° Celsius Morgens um 0645 abtreten und ins lange Wochenende starten... weeeha... ja das war eine Woche... ich wünsch euch jetzt auch eine... bis dahin bleibt sauber, locker und anständig Jungs!

Sonntag, 11. November 2007

Leidensbericht Woche 2

Hell Yeah!
1. Grundregel im Militär:
Schlimmer geht's immer!

Montag Abend durfte ich den vergeigten Test nachschreiben, ja Organigramme haben mich noch nie sonderlich interessiert. Das hiess für mich, eine knappe Stunde Ausgang und danach 23.00 Uhr im oder vor dem Bett. Ich bevorzuge im Bett. Erstens ist es wärmer, zweitens bequemer und drittens habe ich tolle Aussicht auf die Kohlezeichnung die mir meine Freundin gemalt hat. Auf jeden Fall haben wir uns anständig zurückgehalten im Ausgang. Ein Bier in Ehren und dann ab in die Heia.

Dienstag Abends um 22.00 Uhr werde ich ins Büro des Kadi's gerufen. Sieben Rekruten stehen vor ihm, es riecht streng nach Mc Crystals und seine Nase ist braun. "Meine Herren", sein Blick wird glänzend, "Sie wurden ausgewählt um in der morgigen Nachtübung Nachtfalter Teil 1 jeweils eine Patrouille an zu führen. Deshalb werde ich Ihnen jetzt vorab schon Informationen zu diesem herrlichen kleinen Ausflug durch den Auwald geben." Toll, 4km Marsch mit 30 Kilo Gepäck, durch die arktische Kälte der weiten Prärie des Berner Oberlands... Ich freue mich natürlich wie ein kleines Kind, und kann meine Begeisterung vor dem Kadi fast nicht unterdrücken. Mit Wörtern wie "geil!" und "yeah!" versuche ich meine Sympathie aus zu drücken. Stolz entlässt uns der Ober Leutnant in den Feierabend.

Mittwoch Morgen 05:45

Frühsport! jaja der Trifit Test mit Rumpfkraft, Weitsprung und 12min Lauf. Das macht Spass! Vorallem wenn noch nicht mal die Sonne aufgegangen ist und du schon im Vornherein weisst, dass du heute Abend nicht vor 1 Uhr Nachts ins Bett kommst. Na gut, der Tag verläuft locker. Repetition des StGw 90 und seiner Einzelteile. Um 18.00 Uhr werden wir alle in Lastwagen verladen und in den Wald verfrachtet. Die letzten Sonnenstraheln helfen uns gerade noch zu tarnen, danach wirds dunkel. Verdammt dunkel. Jeder fässt eine Dose Futter und versucht sich mit seinem Schweizer Sackmesser Zugang dazu zu verschaffen. Notkocher, Gamelle, und fertig ist der Frass. Nach 3 Bissen höre ich Schreie von meinem Kadi. "ALLE PATROUILLENFÜHRER DAHER. MARSCH!" Heilige Scheisse, Chili con Carne in den Busch, alles zusammenpacken und im Eiltempo schleiche ich mich von hinten an den Kadi heran. Als er mich erblickt muss er lachen, weil ich im Halbdunkel von meinen Tarnstift nur die braune Seite verwendet habe, und deshalb aussehe wie der hier. Er drückt mir ein Funkgerät in die Hand und teilt mir meine Gruppe zu.
Jetzt lernen wir uns richtig zu tarnen, bewegen, atmen und sogar getarnt zu rauchen. Als der Wachmeister mich nach den zwei Lektionen frägt wo mein Trupp sei antworte ich ganz lässig. "Hinter Ihnen... getarnt"


Nun schleichen wir uns 2.5km an unsere Homebase heran, immer in Formation und überwacht vom Hauptfeldweibel. Wir schleichen uns an den Aktionsposten 3 heran. "an Regie der Patrouille 1, Gamma Passato Passato." flüstere ich durch meinen Funk. "Verstanden, Patrouillenführer zu Aktionsposten. Marsch." Ich bewege mich an die zwei Puchs die den Warnblinker gestellt haben.

Operation "Zundhölzli"

Zusammen mit den anderen Patrouillenführer werde ich darüber informiert dass der Baumstamm vor mir 350Kg wiege. Ziel: Halle M, Weg direkt. 1 Minute Zeit um zu überlegen, danach wird gepfiffen, und ich muss meinen Trupp aus dem Versteck holen und dieses verdammte Zundhölzli über 1.5km weit in die Halle zurücktragen. Ich nutze meine Minute dazu, mich zu verfluchen, dass ich das KV gemacht habe und nicht als Bauarbeiter eine Lehre gemacht habe. Aber zum Glück sind von meinen Leuten 7 Stück grösser als ich und haben diese grossen muskulösen Maurer Oberarme wie der Coke Light Man... Ich halte mich ein bisschen zurück, versorge die Männer mit Wasser und halte den Baumstamm ganze 30 Sekunden (bis ich fast zusammenbreche...) danach schreie ich sie nur noch an, dass sie "geili Sieche" sind und dass morgen ein Gratis Bier gebe. Wir erreichen den guten 5 Platz. Viel zu gut wie sich später herausstellt...

Der Morgen danach...

Scheisse mann, das ganze Zimmer hustet, keucht und schneutzt sich die Seele aus dem Hals. Da geht nichts mehr denke ich... falsch gedacht. Knapp eine Stunde später befinde ich mich auf einem Lastwagen Richtung Panzer Sappeur Arena. Wir werden gedrillt und gezüchtet bis ich das verdammte Gewehr nicht mehr sehen kann. Nach einem feinen Essen aus der Gamelle und einen Nickerchen in der Sonne geht s weiter mit dem Gedrille und ich glaube jeden Moment kotzen zu müssen. Passiert leider nicht, deshalb muss auch ich weitermachen.

Nach dem wir um 16.00 Uhr mit Suizid Gedanken spielen aber sogar dafür zu schwach sind, stellen wir uns in Zweier Kolonnen auf. Und jetzt kommen wir zur Weisheit vom Anfang.

Schlimmer gehts immer!

Ein höchstens zwanzigjähriger kleinwüchsiger Möchtegern Fascho schreit uns ins Gesicht:
"STRECKE 4KM, WEG INS ZIEL DIREKT, ART DER FORTBEWEGUNG EILVERSCHIEBUNG. UND JETZT SECKLE MINI DAME, SEEEEEEECKLEEEE!" also packe ich meine 30kilo Ausrüstung und meine Beine unter die Arme und beginne zu rennen. der kleine Hirnverbrannte Affe merkt aber schnell das die Kondition unseres Zuges (Motto: Easy debi si) nicht ganz an die von seinen Grenadier Freunden heranreicht. Er schreit uns zwar noch an, aber von "SECKLE!" ist da nichts mehr zu sehen. In meinem inneren Auge laufen Bilder ab, genaugenommen sehe ich mich selbst, wie ich mein Gewehr in das Gesicht dieses Scheiss Nazis ramme und seine Nase in dreizehnhundert Stücke verteile. "SEEEEECKLE!" und nochmal reisse ich mich zusammen, gebe alles und komme mit meinen Kollegen (ca. 20min nach allen anderen) endlich in der Kaserne völlig erschöpft an.
Zum Glück müssen wir nur noch Schuhe und Gewehr putzen. Danach haben wir um 18:00Uhr endlich grossen Ausgang und gehen mongolisch a discretion Essen...! Ay ay ay!

Freitag Morgen

Das Radio weckt mich: "und hüt isch endlich Winterafang... au in de tüfere Regione isch mit Schnee und starche windböe z rächne..."

ich glaub ich spinn...

"Mini Herre, 7 Minute Zyt, zum eres GT (5kilo) Gwehr (4kilo) und ere Kamprucksack (20kilo) zäme z packe! LOS LOS LOS"

Scheisse man, lange halte ich das nicht mehr durch. Gleich dreh ich durch, jetzt schmeiss ich dann den Bettel hin. Es langet, s Heu isch dunde. Ich kann nicht mehr.

"SAVOOOOCAAAA!"

äääh HIER!

"SEND SIE PARAT?"

ääää JO HAUPTFELDWEIBEL, PARAT FÜR UFS FELD!

"NEI FALSCH, REKRUT SAVOCA, SIE SEND AB JEZ IM BÜRO, HOP AB MARSCH S ZÜG WEDER UFE TUE, IN 10MINUTE SIND SIE UFEM KP!"

HALLELUJA!

Meine Gebete wurden erhört...

Was dann kommt ist schwer in Worte zu fassen... Hier vielleicht eine kurze Auflistung

-Alle Tageszeitungen der Schweiz
- Das SCS Fresspäckli in aller Ruhe aufmachen
- Solitär und Minesweeper
- DRS 3
- ich bin im Büro und draussen in folgender Reihenfolge:
Regen, Hagel, Schnee

Ich habe es geschafft. Ich bin wieder im Büro. Ich kann wieder sesselfurzen. Yes.

Da kommt der Kadi rein, schaut mich ernsten Blickes an, tief in die Augen und sagt mit erhobener Stimme.

"Savoca, sie hend doch d Patrouille 1 gfüehrt vorgester Z nacht... "

ääääh joooo....

"Sie send super gsi, ich han nume guets ghört!
Wänd sie eigetlich nid witer mache?"


Sonntag, 4. November 2007

Leidensbericht 1. RS Woche im Zug 3 der Panzer Sappeur Kompanie

Grundgütiger was für ein Andrang. Montag Mittag und Hundertschaften (genau genommen waren es 765 Stück) junger Mannen haben das selbe Ziel. Die Kaserne in Thun. Am Bahnhof Thun checke ich nochmal was ich alles dabei habe. Viel Unterwäsche, Schokolade, jede Menge Papierkram und mein Marschbefehl. Marschbefehl? Scheisse, genau das elementarste, das wichtigste verdammte Papier liegt zu Hause in siebenfacher Ausführung (one love to HP G2410). Na gut, ich hab ja eine Wegbeschreibung und ein bisschen Verstand und finde am Ende sogar die richtige Halle für meinen ersten Rekrutierungstag. Nun sitzen wir also dort, 40 junge Truppenbuchhalter und Büroordonanzen. Guten Mutes, alle am Lachen, und nach einer Stunde auch bereits eingeteilt. Toll ich komme zu den Panzer Sappeuren. Wir werden einem riesigen (2.12m) Hauptfeldweibel in die Arme gedrückt und der packt uns zu viert ins Auto. Bei unserem Trupp angekommen schreit er als erstes zu seinen Untergebenen: "Meine Herren, nur damit es klar ist. Dies hier sind Bürogummis. Ich sehe keine kaputten Knie, keine offenen Wunden und keinen dieser Herren mit dem Kopf im Dreck. Ich habe keine Lust auf eine weitere Anzeige. IST DAS KLAR?!" Toll, der Trupp schaut uns an und kann es sich nicht verkneifen über uns zu kichern. Guter Start Andrea... Naja, meinen Marschbefehl hat bis jetzt noch keine Sau interessiert, was schon mal positiv ist. Jetzt nur nicht auffallen... Beim Nachtessen erklärt man mir dass ich im "Betriebszug" gelandet bin. Was das bedeutet? Köche, Putzmänner und Bürogummis tun so als wäre Krieg. Und dies endet in jedem Fall in einem Riesen Chaos und der Erkenntnis das wir der (motivationsmässig) schlechteste Zug auf dem Waffenplatz sind. Gut, sehr gut, Andrea.

Nun lernen wir, wie wir stehen, uns bewegen, atmen und denken müssen. Nebenbei erlange ich die heilige Erleuchtung in der Beherrschung meines Harn Drangs und meines Schliessmuskels. Ich möchte hier kurz zitieren: "Isch soge sie, wenn sie scheisse, isch soge sie wenn sie kacke, isch soge sie wenn sie gehn schlafön, isch soge wenn sie dürrrfe trinke!" Und genau so mache ich das auch. Mittwoch Morgen stehen wir im Daher (ein sehr ungenauer Halbkreis bei dem wir uns jedesmal vor den anderen Truppen lächerlich machen) spricht mich die Gruppe an. "Savoca, mach du der Flügel Rechts!" Was? " Ja das isch dänk de wo vore in de Mitti steit, und schreit bis alli parat sin!"

Oh ja schreien kann ich, kommandieren tu ich sehr gerne, also akzeptiere ich die Aufgabe stehe in die Mitte und rede seit diesem Moment nur noch gebrochenes Hochdeutsch mit französischen Akzent". Ich liebe es. Endlich hört jemand auf mich, endlich darf ich ungehemmt fremden Leuten den Arsch aufreissen und... ja endlich hören mir Menschen zu. Was ich nicht merke, ist dass ich mich langsam richtig erkälte und da meine zweite Packung Ricola innert 3 Tagen auch schon wieder leer ist, habe ich um 22.30 unter der Dusche die ersten Schüttelkrämpfe und Fieberanzeichen. Scheisse ist das kalt, ich hau mich unter die Bettdecke, bibbere, und bete zu Gott dass ich nicht nochmal aufstehen muss. Toll, genau um 23.00 Uhr steht der Hauptfeldweibel in unserem Zimmer und befiehlt die ganze Truppe aus dem Zimmer. Ich stehe schlotternd wie ein Häufchen Elend in der Ecke und tue was man mir sagt, bis mir der Kragen platzt. Naja, medizinisch gesehen wird das wohl irgendwas zwischen Erkältung, Kreislaufkollaps, Nervenzusammenbruch und Hyperventilieren gelegen sein. Das Endprodukt war auf jeden Fall dass ich meinen Chef mit hochrotem Kopf ins Gesicht schreie was die Scheisse hier eigentlich soll, und das ich ein verdammtes Aggressionsproblem habe. Immer noch vom Fieber zitternd, hauts mich hin. Ich drehe durch und man schickt mich an die frische Luft. Hui... ich habe gerade mächtig Lust mit dem ganzen Scheiss auf zu hören. Ich kann einfach nicht für andere Menschen meinen Kopf hinhalten. Dachte ich vor dem 1 stündigen Gespräch mit meinen welchsch-schweizer Chef, dass ich komplett bibbernd, genervt und aufgelöst in französisch geführt habe.

Dann der Donnerstag Morgen, die Truppe schaut mich an, als wär ich ein Zombie, und nach verschiedenen Gesprächen finde ich raus, was Freundschaft und Kameradschaft ist. Die Truppe steht hinter mir, unterstützt mich, und hat sich auch Sorgen um mich gemacht. Ich fühle mich langsam aber sicher immer besser. Immer mehr wert. So als hätte ich eigentlich nur auf diese Aufgabe hier gewartet. Klar ist das Essen immer irgend etwas Unerkennbares gemixt mit dem von gestern. Klar schreiben sie mir vor, was ich zu denken, fühlen und zu sagen habe. Aber genau das macht es irgendwie für mich aus. Die Füsse schmerzen, der Rücken brennt, der Kopf ist gefickt, ich sollte seit 2 Stunden auf s Wc, was will man mehr?

Ich bin noch etwas unschlüssig ob ich weitermachen soll, fragen werden sie mich sowieso, zwingen können sie mich auch. Aber irgend etwas hält mich davon ab. Ach ja genau, meine körperliche Verfassung. Verdammt, ich bin einfach ein Bürotussi. Meine Handmuskulatur ist ausgeprägter als der Bizeps jedes Panzergreni, aber was die Kondition anbelangt bin ich schon nach dem ersten "Rundgang" (los hopp seckle marsch!) um unsere Kaserne am Limit angelangt, fühle meinen Puls im Kopf dröhnen und die Lunge pfeift aus den letzten Löchern. Dementsprechend kommen bei mir immer wieder Zweifel auf, ob ich das schaffe. Ob ich das durchhalte. Das Schöne an der Sache ist, jedesmal wenn du aufgegeben hast, schiebt dich ein Kollege wieder an, und spricht dir Mut zu. Hilft dir auf, zieht dich mit. Genau so mache ich das auch bei den Anderen. In diesem Sinne bin ich sehr froh heute Abend wieder nach Thun zu fahren und in diesen stinkenden Betten mit 17 anderen Leidensgenossen mich zu drehen und wälzen bis ich das Schnarchen in drei Tonlagen nicht mehr höre.

Vielleicht noch ein paar Anekdoten aus meiner ersten Woche.

Rekrut Sorentino pennt in jeder Pause, sei es im Stehen, Sitzen oder Liegen. Unglaublich wieviel man in der RS schlafen kann, wenn man Nichtraucher ist. Sein Motto? "Easy, debi si."
Rekrut Kaiser erklärt mir jeden Tag dass er den ganzen Spass hier eigentlich noch cool findet und er ist der einzige Mensch der mit einem Wischmob Blutgrätschen durchs Zimmer zieht.
Wachtmeister H. (Schlumpf genannt) hat während der Ausbildung einen Spruch über unsere Mütter in die Runde geworfen. (Ausländeranteil in unserem Zug: 50%) Das war ein Fehler...
Hauptfeldweibel T. redet so viel über "diese komische Scheisse Dings da hintän, sie sehn diese komische Pfoste" dass wir uns vor jedem "MARSCH!" zuerst die Hosen vor Lachen voll scheissen.
Und Ober Leutnant M.'s stahlblaue Augen sehen mit den blutunterlaufen Strichen darin einfach nur geil aus. Vorallem wenn sich sein Gesicht auch noch rot färbt...

Nun denn, das war's. Es gäbe sicher noch viel mehr darüber zu berichten, aber ich muss jetzt Wäsche zusammenfalten gehn.

Bis dann, ich wünsche euch eine gute Woche, bleibt sauber und denkt an mich wenn ihr in eure Bürostühle furzt.