Sonntag, 16. März 2008

Es ist vorbei - Woche 18

Da ist nichts mehr. Kein Anstand, keine formellen Begrüssungen, kein Aufstehen um 05.30 Uhr, kein gar nichts mehr.

Nicht seit dem ich zu Hause bin, nein das war letzte Woche bei uns in der Jugendherberge Ostello in San Bernardino...

Die letzte Woche


Am Montag Morgen wache ich kurz vor dem Wecker auf. Ganz alleine tapse ich mich durch die in rot notbeleuchteten Gänge des Bunkers. Es ist still hier im Bunker, ich gehe kurz duschen, eine Zigarette, danach ziehe ich mich an und wecke den Rest meines Zimmers.
Zuerst müssen wir eine halbe Stunde fahren um in den Notesssaal (deutsche Rechtschreibung ist hässlich) zu gelangen wo wir etwa noch eine Stunde warten bis endlich das Morgenessen kommt. Um etwa 10 Uhr morgens sind wir dann zurück im Bunker. Wir schauen ein bisschen Fernsehen und essen noch ein paar bestrichene Brote, die ich vorher organisiert habe. Der Fourrier nimmt mich um etwa halb 12 Uhr mit nach San Bernardino, wir gehen ins Restaurant essen. Schnippo mit Salat... Was für eine anstrengende RS.... Danach beziehen wir unsere neue "Kaserne". Eine hochmoderne Jugendherberge mit allen möglichen Extras, Luxus-Schnickschnack und Spielereien... Beispiele? Unser KP Büro besitzt einen 48 Zoll Plasma Bildschirm mit 1400 Kanälen per Satelitenreceiver... So lässt's sich leben denke ich mir und schaue ein bisschen BibelTV und trinke einen "Esspresso con extra Zucchero" vom Automaten gleich neben meinem Büro.

Am Dienstag holen wir dann den Rest der Kompanie nach San Bernardino und richten das KP nach den Wünschen unseres Kompanie Kommandanten ein. Da gibts für uns keinen Ausgang mehr, weil wir noch viel zu tun haben! Also verschieben wir unseren "Ausgang" auf Mittwoch. Weil in San Bernardino nichts los ist, schmeisst der Kadi kurzum die Leutnanten aus ihrem Vorbereitungszimmer raus und lässt uns dort drin den letzten Ausgang geniessen. Herrlich! Poker, Bier, Jägermeister, Brot, Aufschnitt, Käse, Singen auf dem Arbeitstisch des Leutnanten, Fernsehen, Breakdance in der Kantine, auf der Toilette liegen, Leute anschreien, mit WC Papier um sich schmeissen, ins Brünneli kotzen, alles aufputzen, den Wachmeister 3 fach sehen, ihn auslachen, aus dem Bett fallen, per SMS an den Geburtstag meines Vaters errinert werden, meinem Vater per SMS zum Geburtstag gratulieren.

-Schnitt-

0800 Donnerstag

Ich wache auf, keine Kopfschmerzen.
Ich fühle mich erstaunlich gut, ich weiss nicht was für Zeit ist. Ich habe verschlafen, scheisse.... gal...

Ich stehe auf, bin immer noch hochgradig besoffen. Zieh mir m
eine Trainerhosen an, ein paar Schlarpen um die Füsse. Ich brauche Wasser. Die Kameraden lachen mich alle aus, alle haben schon diese grünen Gwändli an, ausser ich. Sie hauen mir an den Kopf und fragen ob es weh tut. Ich verneine und gehe in die Küche, hole mir etwas zu essen.

Im Büro siehts noch nicht viel besser aus. Der Kadi meint nur zynisch zu mir:

"Savoca, meine der ihr chöntet nacher na go de TAZ alegge?"

Klar kann ich das, gar kein Problem. Ich werd doch nicht an meinem zweitletzten Tag noch rebellieren ;)

Alles was mir jetzt noch übrig bleibt, ist meine Sachen zusammen zu packen, die Hälfte davon muss ich abgeben. Vorallem den Schlafsack hätte ich gerne behalten... Am Nachmittag gibts dann das obligatorische 300m Austrittsschiessen. Für meinen Zustand sind 60 Punkte recht gut und reichen locker um zu bestehen, wir verschieben wieder zurück in die Kaserne, noch ein Poker, zwei Bier, Feierabend. Das letzte Mal.

Was bleibt da noch zu sagen? Es war eine geile Zeit. Der ganze Scheiss, wirklich alles im Militär was man anfangs richtig Scheisse fand. All das ist im Nachhinein nur noch geil. Ich bin schon fast so weit zu sagen:

" Je beschissener der Moment war, dest
o geiler findest du es im Nachhinein"

Wir wurden ein paar Mal von unserem Kader gefickt, wir mussten einige Male unten durch, aber wir haben nie aufgegeben. Wir haben nie aufgehört zu lächeln, waren mental stärker als die Jungs die uns ficken wollten. Das macht uns zu besseren Menschen, zu härteren Jungs, auch wenn wir in der Küche, im Büro oder in der Fassstrasse vielleicht nicht so viele Liegestütze machen mussten wie andere. Wir haben diese RS bestanden. Wir sind fertig. Das Gewehr bei dir zu Hause beweist es. Der Grabstein um deinen Hals trägt deinen Schweiss (okey bei mir nicht sooooo viel Schweiss)

Wir hielten uns auch nicht an all diese vielen Regeln wie die anderen. WIr haben uns den Kopf sogar aus Langeweile und Spass rasiert, nicht weil wir gezwungen wurden. Ja wir haben die Herausforderung gesucht. Die Panzerschule 21 in Thun hat mir ein paar gute Erfahrungen hinterlassen. Der 50km Marsch, eine Panzerfahrt bei -17° Celsius, hirnverbrannte Panzer Grenis, viel Kaffee aus dem Notkocher 71
und ganz ganz ganz viele Zigaretten in der Runde mit anderen Rekruten.

In diesem Sinne wünsche ich allen Jungen Erwachsenen die bald in die RS eintreten, oder es gerade sind. Eine gute Zeit, viel Nerven, viel Geduld, viele Zigaretten, gute Kameraden, gutes Kader und vorallem ganz viel Zwipf.



Bei allen treuen Lesern meines Blogs würde ich mich gerne recht herzlich bedanken. Hinterlasst doch einen Kommentar damit ich in etwa weiss wer alles mit gelesen hat :)

Ab jetzt werde ich eventuell auch öfters bloggen, aber definitiv nicht mehr über das Militär...
Cheerio und bis dann!

Sonntag, 9. März 2008

Woche 17

Wie jede Woche schreibe ich hier eine Zusammenfassung der Erlebnisse der letzten Woche. Dies nun seit 17 Wochen. Bald ist meine RS fertig (noch eine Woche... ;-) Die Geschichten werden sicher nicht interessanter, nein im Gegenteil, man gewöhnt sich sehr schnell an die Erlebnisse in der RS. Tollkühne, waghalsige und extreme Erlebnisse aus der ersten Rekruten Woche verblassen, verlieren an Bedeutung, geraten in Vergessenheit, aber zum Glück habe ich hier alles nieder geschrieben...

In diesem Sinne könnte ich jetzt hier über die letzte Woche schreiben dass mein Feldi eine unfähige Nuss ist, nicht einmal fähig eine Verschiebung in eine andere Kaserne zu organisieren. Ich könnte davon erzählen wie ich angetrunken im Büro eine Schlägerei angezettelt habe, um dann vom Kadi den Mega Zusammenschiss meines Lebens zu erhalten. Ich könnte davon erzählen wie ich diese Woche bei -17° Celsius in einem Panzer 2 Stunden lang nach San Bernardino verschoben habe und meine Eier auf die Grösse von Smarties geschrumpft sind. Ich könnte vom Bunker und der Zivilschutzanlage erzählen in der wir gerade leben, und wie 100 Mann in 6 Duschen passen.

Aber all diese Sachen verblassen mit der Zeit, ich möchte mich heute einem viel wichtigeren Thema der Armee widmen.

Rassismus

Ich arbeite im Büro, sehe viele Rekruten, Soldaten, Wachmeister und hohe Tiere wie sie sich durch den Alltag schlagen und versuchen aus der Armee das Beste zu machen. Letzte Woche hörte ich unter meinen Kameraden extrem viele Wörter wie, Neger, Rassist, Jugo, Tschengg und Quadratchöpf.

Fakt ist, in unserem Zimmer schlafen Serben neben Albaner, Türken neben Kroaten und Italiener neben Tibeter. Uns alle verbindet eigentlich dass wir "Schweizer" sind. Dienst leisten für eine Armee eines Landes, mit dem uns recht herzlich wenig verbindet.
Eigentlich funktioniert das ganz gut, aber ab und zu eskaliert die Situation. Zum Beispiel wenn Albanien gerade die Unabhängikeit ausruft...

Anfangs wird im Zimmer noch politisiert, diskutiert, und debattiert, bald darauf fliegen schon die Fäuste, Kissen und Stühle. Unser Kader hat da nicht mehr viel zu melden, vorallem weil es selber gerade mal so alt ist wie wir und schlichtweg überfordert ist mit solchen Situationen. Wo wir auch schon beim eigentlichen Thema angekommen wären.

Vielmals tauchte letzte Woche eine Aussage auf, die ich so nicht unterstützen kann:

"De isch ehh en huere Rassist!"

Ich will das kurz verdeutlichen...

Soldat *********vic kommt neu zu unserer Kompanie dazu. Die erste Frage die er dem Kadi (ohne sich korrekt an zu melden) stellt ist:

"Wo sind d Urlaubsgsuech?"

Der Kadi schmunzelt, gibt ihm ein Urlaubsgesuch und fragt für was es denn sei.

"Ich mues zügle"

Ach so... Also wird das Urlaubsgesuch gestellt, geprüft und nach kurzer Nachfrage dann vom Kadi abgelehnt. Der Soldat regt sich dementsprechend auf, und eilt zum Kompanie Kommandanten. Auf seine Frage warum das Gesuch abgelehnt wird antwortet der Kadi gelassen:

"Losed sie, ich han au scho zügled. An eim Samstig, verstönd sie? Den chöned sie das au! Aber säged sie mir doch churz namal ihre Name, denn chanich sie grad fürd Wach iträge"

Der Soldat ist genervt, kommt zu mir und beklagt sich über Rassismus in der Armee und dass er eine Beschwerde einlegen werde. Das sei sowieso nur weil er ein Ausländer sei und alle anderen Schweizer werden besser behandelt.

Nun dies ist nur ein Fall, ich könnte hier noch vom Tibeter erzählen der das Gefühl hat, er müsse Teller waschen, nicht weil er Betriebssoldat ist, sondern weil er eine zu dunkle Hautfarbe habe und so weiter und so fort...

Meiner Meinung nach, werden diese Leute behandelt wie alle anderen Soldaten auch, nur ruhen Sie sich auf der bequemen Entschuldigung aus, dies sei Rassismus. Anstatt sich effektiv mit der Frage zu beschäftigen warum sie so behandelt werden, greifen sie frontal an und erklären jedes Kader sofort und direkt zum Nazi und würden am liebsten gleich vor Gericht ziehen.

Nicht im Traum käme diesen Jungs in den Sinn, dass sie schlichtweg faul und verwöhnt sind. Dass die Armee kein Zuckerschlecken und Wunschkonzert ist sondern disziplinertes und militärisch geführtes Arbeiten. Ich habe auch nicht immer die besten Erfahrungen mit Kader gemacht, konnte aber jedem Erlebniss etwas positives abgewinnen. Konnte jeden Zusammenschiss meinem Verhalten zuweisen. In der Armee extremer als in der Privatwirtschaft gilt es, freundlich aber bestimmt auf zu treten. Seine Interessen mit einem Lächeln durch zu bringen und auf die erwarteten Formalitäten Acht zu geben.

Das wäre das gleiche wie an einem Vorstellungsgespräch mit breiten Hosen und Kapuzen auf zu tauchen und nachher zu behaupten der Arbeitsgeber sei Rassist und diskriminiere einen, nur wegen Kleidung und Hautfarbe.

In dieser Hinsicht sind sich einfach viele unserer Jungs in der Armee zu schade. Sie sind sich zu schade ihr Tenu dem Befehl enstprechend zu richten. Zu schade korrekt zu grüssen wenn Kader an ihnen vorbei läuft, aber sich nachher beschweren darüber dass man keinen Urlaub erhält weil man unbedingt 4 Tage Zeit zum Zügeln braucht.

In der Hoffnung angehenden Rekruten mit diesen Zeilen etwas zu helfen kommen nun meine Tipps wie man sich durch das Militär schlängeln kann ohne effektiv etwas zu leisten:

1. Grüsse stes jeden Ranghöheren freundlich und mit einem Lächeln dabei
2. Halte dein Tenu korrekt
3. Mach dein Bett und halte Ordnung im Zimmer

Wenn man diese Punkte beachtet, bietet man schon sehr wenig Reibfläche und verunmöglicht es fast jedem Kader zu bemerken, dass du den ganzen Tag gar nichts machst.

In diesem Sinne stürze ich mich nun heute Sonntag Abend in die letzten 5 Tage meiner Rekruten Schule. Ihnen geehrte Leser, danke ich vielmals für die Treue, bis zum letzten Mal auf meinem Blog, ich freue mich sehr über Kommentare und Feedbacks, vielleicht haben Sie ja eine ganz andere Meinung zum Thema Rassismus in der Armee?

Sonntag, 2. März 2008

Woche 16 - Überlebenswoche oder so...

Sonntag Abend

Hastig kaufe ich mir am Basler Bahnhof noch vier Packete Marrocaine Extra und die Weltwoche. Heute wird nicht getrunken, ich muss fit sein für nächste Woche. Überlebenswoche...

Tag 1 - Montag Morgen

Um 5 Uhr stehe ich auf, nehme eine ausgedehnte letzte Dusche und ziehe mich an. Thermounterwäsche, Wollpullover und alles was man so braucht um 4 Tage warm zu haben. In der Küche mache ich mit meinem Lieblingssoldten extra Rührei mit Kräutern und versuche meine innere Ruhe zu finden. Es dauert nicht mehr lang dann ist es soweit.
Um 0700 ist es dann soweit. Der Kommandant befiehlt uns die Packung für die Überlebenswoche zu erstellen. Ab jetzt wird es lächerlich. Neben Unterwäsche für 4 Tage, müssen wir Necessaire, Frottetuch, Rasierer und noch vieles mehr einpacken, was mich mehr an einen Ausflug ins Grüne errinert als an eine Überlebenswoche.
Ein geschulter Blick auf den Verpflegungsplan dieser Woche verrät mir, dass es jeden Tag drei Mahlzeiten geben wird. Was wird das für eine Überlebenswoche? Ich packe trotzdem Kindercountry und viel Dörrobst ein. Ich melde mich beim Kommandanten.

"Oberleutnant, Soldat Savoca. Mini Packig isch erstellt, ich ben parat für de Abmarsch!"

Der Kommandant verzieht seine linke Augenbraue, schaut mir tief in die Augen und sagt dann in einem süffisanten Ton:

"Sie? Haha, sie sind Büroordonänzler Savoca, sie chömed doch ned mit ufd Überlebenswoche! Wartet sie eifach do im Büro, viellicht schlafed sie hüt zobig dusse."

Was? Das soll meine Überlebenswoche sein? Na gut, ich finde mich damit ab. Um 11 Uhr morgens ist unsere Kaserne leergeräumt. Einzig der Fourier und der Hauptfeldweibel sind noch bei uns im Büro. Nach der ersten DVD entscheiden wir uns für Schichtbetrieb im Büro. Das heisst 1 Stunde im Büro gamen, 3 Stunden frei.

Ich nutze meine ersten drei freien Stunden dazu in der Küche für Aufregung zu sorgen. Ich binde mir eine Schürze und eine Krawatte um. Danach führt mich mein Lieblingstruppenkoch in die grosse Welt der Battalionsküche 21-3 ein. Techno Musik, Gladiatorenkämpfe und die erste 110 Liter Bejamel Sauce die ich in meinem Leben gemacht habe. Geiles Gefühl, ich schwitze nach zwei Stunden Rühren mehr als in den letzten zehn Wochen meiner RS...

Nach dem Nachtessen habe ich nochmals eine Schicht im Büro die ich mit dem Game "Tropico" ausfülle. Amüsant, knackig schwierig, genau das richtige für im Büro! Danach habe ich für dne Rest des Tages frei und gibt es eine kleine Pokerrunde im Keller der Kantine. Zu zwölft sitzen wir im verrauchten Raum und bluffen bis der Arzt kommt.

Tag 2 - Dienstag überleben sie auch!

Um etwa 8 Uhr strahlt die Sonne in unser Zimmer, es wird hell und ich wache auf. Noch kein Schwein ist wach und ich gehe erst mal duschen. Danach gibt es ein Thon Sandwich und einen Kaffee in der Soldatenstube. Verdammt anstrengende Überlebenswoche!

Am Dienstag Abend ist für die Truppenköche grosser Ausgang. Mein Lieblingssoldat verspielt sich den Ausgang weil er einen Grabstein zu wenig und eine Zigarette zu viel im Mund hatte. Er bleibt bei mir, muss seine Packung erstellen (mit Schlafsack jaaa!) und muss mit uns raus aufs Feld schlafen gehen. Na gut was ist schon auf dem Feld? Um 21.00 Uhr werden wir ins Simulationsdorf gefahren. Wir fühlen uns schon richtig wie kleine Kriegsveteranen schleichen uns an und pirschen aufs Klo. Jetzt werden wir in einem leerstehenden Haus einquartiert. Endlich kann ich mein Dörrobst und die Schokolade auspacken! Wir legen uns hin und um elf Uhr Abends ist dann auch endlich Ruhe im Karton.

Die Kälte, das Schnarcheln, der Wind... all diese Geräusche halten mich wach. Ich drücke mir Oropax rein und dann schlafe auch ich...

Nur wenige Stunden vorher sind die Truppenköche im kleinen, verschlafenen Örtchen Porrontruy angekommen. Mit dabei zwei Wachmeister die ihren letzten WK bestreiten und das letzte Mal Ausgang im Militär haben. Demenstprechen ist die Runde heiter, es wird gebechert und gegessen was das Zeug hält. Ein Wachmeister kommt auf die grandiose Idee SBB Paletten inklusive Rahmen auf die Strasse zu stellen und eine Strassensperre zu errichten.
Vielleicht muss ich noch anfügen dass wir uns im Kanton Jura befinden. In dem Kanton wo die Menschen nur eines mehr hassen als Deutschschweizer: Das Militär...

Es geht ca. 34 Sekunden bis ein durchgeknallter Jurassier mit gezückter Pistole auf die Jungs zuläuft und ihnen eine Million Fluchworte pro Sekunde an den Kopf wirft. Unsere tollkühnen Vollidioten verfahren gemäss dem Prinzip Anita Weyermann:

"Gring abe u seckle!"

Kreidebleich kommen unsere hirnverbrannten Jungs wieder zurück zur Kaserne. Nur zwei hatten noch nicht genug... Die beiden WK Wachmeister... Sie füllen ihre Rucksäcke mit Bier, laufen rüber zum Wachtposten und stolzieren mit erhobenem Haupt zu den Soldaten die gerade Wache schieben.

"Mini Herre, ich han der Uftrag vom Oberstleutnant im Generalstab becho, en Nachtüebig mit de Truppechöch wohr z neh. Ich bruche sofort es Puch wo mich is Simulationsdorf fahrt!"

Keine Widerrede, die beiden besoffenen Wachtmeister werden schnurstracks zu uns gefahren. Planlos irren sie im Dorf rum, werden zig mal von Wachtposten aufgehalten:

"Halt oder ich schüsse!"

"Hehe, Friede Friede, mir sind vo de Chuchi und sueched d Truppechöch. Mer händ en Nachtüebig...hehehe"

Bis sie uns gefunden haben ist es etwas nach 1 Uhr Nachts... mit der MAG Lite bewaffnet stürmen sie in unser Haus und wecken uns. Bier für alle ! - Keine zwei Minuten später wirft unser Gruppenführer die beiden WK Wachmeister aus dem Haus.

Sie machen sich auf den Weg zurück zur Kaserne (6km...) immer noch bewaffnet mit einem Rucksack voller Bier. Plötzlich sehen sie in der Ferne ein Puch auf sie zu kommen. Ratlos springen die beiden Trunkenbolde in den Graben. Der Puch hält genau vor Ihnen zwei mit Restlichtverstärkern (Nachtsichtgeräte) ausgestattete Berufsmilitär bringen die beiden nach Hause und knöpfen Ihnen das Bier ab. Das ist doch eine letzte Nacht im Militär wie es sich gehört...


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Mittwoch und Donnerstag verbringen wir im gleichen Turnus wieder im Büro bei DVDs und Tropico. Ich gehe ab und zu wieder in die Küche, schneide Salat oder mache Sandwiches für uns. Das ganze artet in einer dermassen langweiligen Aktion aus, das die Truppe langsam aggresiv wird. Wir haben einfach zu viel Energie und zu wenig Arbeit. Immer mehr Schlägereien in den Zimmer. Aggresive Reaktionen auch gegen höheres Kader stimmt mich schlussendlich zu einer Entscheidung:

Der 50km Marsch

Donnerstag Abend entscheiden wir uns - wir werden ihn laufen, koste es was es wolle. Wir melden uns freiwillig für den Marsch - werden der Stabskompanie zugeteilt und haben KEINE Ahnung was auf uns zu kommt...

Freitag Morgen

Früh hüpfe ich unter die Dusche, pudere meine Füsse, trage Blasenpflaster auf, ziehe mir Frauensöckchen an. Zu guter letzt - wie mir empfohlen wurde - einen halben Tag lang getragene Wollsocken.

Wir - ein paar völlig desorientierte, unsportliche Truppenköche, Betriebssoldaten und Büroordonanzen - stehen um halb 11 Uhr bei der Stabskompanie bereit. Wir müssen uns im vorderstsen Glied einordnen, ein 25kg schweres Funkgerät wird mir aufgebürdet. Ich ahne dunkles... Wir marschieren vor die Halle, wo uns der Oberstleutnant alles Gute für den Marsch wünscht. Dann ziehen wir los. Die ersten Kilometer sind zwar anstrengend aber eigentlich ein Klacks. Wir scherzen noch, verteilen Asthma Spray und Kaugummis... Es geht bergab, alles läuft rund und wir freuen uns eigentlich noch. Ich gebe den Funk dem Nächsten, 8 freiwillige Soldaten sind wir. Wir freiwilligen haben die Aufgabe den Funk zu tragen. Langsam wirds eng in der Lunge. Nach 5km in Eilmarschgeschwindigkeit habe ich mein erstes Tief. Es geht bergauf, ich habe meine Kräfte falsch eingeteilt. Zu viel geredet, zu wenig geatmet. Jetzt büsse ich dafür. Schwarz wird mir vor Augen, sehe nur noch Umrisse, da geht nichts mehr. Der Leutnant packt mich am Rucksack, zieht mich bis ganz an die Spitze der Kompanie und befiehlt mir auf den Rucksack des Sergeants (der französische Wachmeister) zu schauen und mein Schritttempo zu halten. Es geht wieder besser, ich bekomme wieder Luft, dafür ist jetzt ein Schmerz in meiner Hüfte da. Egal.

Erster Halt nach knappen 10km. Wir laufen an eine Fassstrasse heran, füllen unsere Feldflaschen mit Wasser und unsere Taschen mit Früchten. Es reicht knapp um eine Zigarette zu rauchen. Ein Fehler wie sich bald herausstellt. Meine Luft ist begrenzt, die Schmerzen nicht. Wir laufen weiter und weiter, es scheint kein Ende zu nehmen. Der Rücken, die Brust, die Füsse, die Beine, die Hüfte, die Knie, einfach alles schmerzt. Egal.

Wir kommen an die Mittagspause heran. Im grössten Schlamm sitzen wir hin, schlingen unsere kalten Teigwaren mit gefrorenem Käse runter, spülen kräftig mit Tee runter. Es reicht für eine Zigarette, danach gehts weiter. Unsere Kräfte sind längst erschöpft, die Schmerzen grösser als die Lust weiter zu laufen. Egal.

"DUREBIIIIISSE SAVOCA!"

Ich muss beissen. So geht das nicht, ich gebe nicht auf, nicht sowenig vor dem Ziel. Vor mir liegen noch etwa 8km als meine Hüfte mir Tränen in die Augen schiessen lässt. Ich lache und weine zugleich. Ich falle zurück. Der Leutnant will mich noch mit ziehen. Aber es geht nichts mehr. Zu gross sind die Schmerzen. Ich will aufgeben. Ich will in die Krankenstation. Ich will nach Hause.

"DUUUUUREEEEEBIIIIISSSEEEE SAAAAAVOOOOOCAA!"

Sage ich mir selber, rufe es in den Wind.

Ich bin zurückgefallen. Der letze der ganzen Kompanie. Vor mir liegt ein Berg voller Schlamm, etwa 500 Meter die zu bewältigen sind. Ich sehe keine anderen Soldaten mehr. Nur noch ich und der Leutnant. Rauchend läuft er neben mir her und versucht mich zu motivieren. Ich gebe nicht auf - jeder Schritt im Matsch reisst mir in Gedanken die Beine ab. Der Leutnant will meinen Rucksack tragen. Ich verneine... ich zieh das durch. Ich kann das. Ich schaffe das. Und wenn ich als letzter Mann ins Ziel komme. Ich schaffe das.

Nach dem Hügel wartet die Kompanie auf mich. Der Major fragt:

"Gots bi ine Savoca?"

"Zur Höll"

Ist meine Antwort, laufe an ihm vorbei und fülle meine Feldflasche ein letztes Mal auf. Es liegen nur noch 5km vor uns. Ich schmeisse mir mit meinem Lieblingssoldaten noch ein Koffeinbonbon ein, drücke die Augen zu, beiss mir auf die Zähne und wir marschieren weiter...

Als wir im Ziel ankommen pfeift der Kommandant die Freiwilligen in die MItte der Kompanie. Er gratuliert, die Kompanie klatscht für uns. Ich fühle mich stolz. Ich habe den Marsch hinter mir. Wir stellen uns in einer 8er Kolonne auf, und müssen trotz übelsten Schmerzen im ganzen Körper am Oberstleutnant vorbeilaufen und einen guten Eindruck machen.

Das Detachement der Freiwilligen setzt sich nun hin, raucht eine Zigarette und läuft danach klagend und schmerzend in die Küche. Der Hauptmann steht in der Küche und will uns davon scheuchen, wir seien dreckig und mit der Waffe kommen wir hier sowieso nicht rein. Keines Blickes würdigen wir diesen Saubermann, sitze hin und fangen an zu essen. Er sowie unser Fourier drehen vollkommen durch, schreien uns an. Wir lächeln zufrieden und essen weiter. Der Fourier befiehlt mir mit der Stabskompanie unsere Kleider putzen zu gehen. Ich schaue ihn an, überlege kurz und sage ihm in ruhigen aber sicheren Ton:

"S erst und au s letscht mol das ich das mache Fourier, aber hüt verweigere ich de Befehl."

esse weiter, und würdige ihn keines Blickes mehr. Wütend schnaubt er davon. Keine 5 Minuten später steht er mit dem Leutnant vor uns. Es sei jetzt die erste Verwarnung, wir müssen jetzt unsere Schuhe und Gewehre mit der Stabskompanie putzen gehen. Wir essen fertig, stehen auf, schauen den Fourier und den Leutnant an:

"Wenn mir nach 16 Woche nonig wössed wie mer duet Schueh putze, den lehre mer das doch jetzt au no, oder?"

Also stehen wir auf und putzen unter Schmerzen unsere 7 Sachen. Der Leutnant hat schnell kapiert das wir nicht eine normale Truppe sind. Nach der Hälfte der Putz Aktion gibt er auf. Schickt uns ins Bett oder wenn wir noch laufen können auf ein Bier in die Soldaten Stube. Wir alle wählen das Bett...