Sonntag, 13. Januar 2008

Leidensbericht Woche 9

Herrlich motiviert, richtig gut gelaunt und voller Elan stehe ich am Sonntag Abend auf dem Gleis 5 in Richtung Olten, Bern. Genau so gut gelaunte und stressfreie Gesichter strahlen mir entgegen. [ironie modus /off]
Jetzt mal ernsthaft, nach zwei Wochen Ferien, Nichts tun, Soziale Kontakte pflegen und in einem 1,60m grossen Bett mit der Herzensdame schlafen ist man schon fast wieder ein Mensch. Das alles wird wieder ausgetauscht gegen 5.30 Uhr Tagwache, Essen in der Kaserne, 80cm Bett im 18 Mann Zimmer in dem es schlimmer riecht als in jedem Kuhstall. Aber alles wird gut, Rekrut.

Am Montag ist 300m Schiessstand angesagt. Geil, ich melde mich freiwillig und stehe mit den Truppenköchen um 13.30 Uhr bereit um abgeholt zu werden. Eine gute Viertelstunde und etwa drei ein halb Zigaretten später stehen wir immer noch auf Ort und Stelle. Das Kader rennt hin und her und macht auf mich gerade nicht den Eindruck einer wohl überlegten Organisation. Da kommt auch schon der Oberwachmeister und zwängt uns zehn Rekruten in einen Puch (4x4 Fahrzeug mit Platz für 6 Personen). Als die Sardinenbüchse sich endlich Richtung Schiessstand bewegt ist es mittlerweile 13.50 Uhr. Endlich angekommen werden wir vom Platzbetreiber davon gescheucht. Wir hätten nicht reserviert, wir können "wieder abfahre Giele" und sowieso gänge es hier ums Prinzip. Also quetschen wir uns alle wieder zurück in den Puch, und grinsen den Oberwachmeister breit an.

Dann kommt der Donnerstag - der stellvertretende Feldweibel, das Mami der Kompanie hat die tolle Aufgabe gefasst eine Zimmerinspektion durch zu führen. Alles soweit in Ordnung. Bis er in mein Zimmer kommt. Die Truppenköche haben gerade Zimmerstunde und schlafen in einer Herrgottsruhe vor sich hin als der Obergefreite das Gefühl hat er muss jetzt Helme, Gamellen und Feldflaschen im Zimmer rumschmeissen. Klar macht er sich dabei Feinde, dass weiss er. Was er unterschätzt ist, dass er sich mit den Truppenköchen anlegt... Mein Lieblingsrekrut (wir nennen jetzt keine Namen, denn Big Brother is watching you) wacht durch den Lärm auf und schreit den Obergefreiten an, was ihm eigentlich einfalle! Der Obergefreite fühlt sich sichtlich getüpft und fährt den Koch an:

"Was isch das eigetli füren Ton Rekrut?"

Der weiss nichts besseres zu antworten als:

"Was isch das eigetli für en Scheiss Lärm?"

Und so haben sich zwei neue Freunde gefunden. Dass der Obergefreite bei diesem Kompanie internen Wettkampf nicht gewinnen kann, wird klar sobald man bedenkt, dass auch er etwas zu Essen braucht. Ab jetzt gibts halt nur noch halbe Portionen für den Obergefreiten :)

Als wäre das alles noch nicht genug, führt der Kadi und seine hirnlosen Gehilfen am Freitag gleich nochmal eine Zimmerkontrolle durch. Nur ist diesesmal noch ein grösseres Chaos und ab diesem Moment schreibt unser Zimmer Kasernen Geschichte. Better fliegen mitsamt dem Gestell durch die Luft, Rücksacke, Kissen, Helme, eigentlich alles was nicht Niet und Nagelfest ist wird hin und her geschleudert. Einer der Lakaien eilt zu uns ins Büro und erzählt total aufgeregt was vor sich geht. Sowas habe er noch nie gesehen und wir müssen sofort alle raufkommen. Fast ein Dutzend hoher Tiere steht mit offenem Kinn vor unserem Zimmer. Das sei einmalig, das häbe es noch nie gegeben und sowieso dass man sich sowas als Rekrut erlauben könne, früher sei das also noch wirklich anders gewesen.

Man schickt mich fort, und das selbsternannte Kader berät sich über das Strafmass, dass man bei uns anwenden will. Plötzlich redet man nicht mehr mit mir, ist ja schliesslich auch mein Zimmer. Der Feldi erwähnt nur dass heute Abend so richtig "gefickt" werde. Da brennen meine Sicherungen durch. Fluchwörter jenseits von Gut und Böse werfe ich meinem Feldi ins Gesicht, pinkle ihm verbal mehrmals ans Bein und erklähre ihm das sein Schmierfinkenverein von Halbaffen sich allesamt mal kreuzweise ins Kniegelenk "lieben" können. Wenn er das Gefühl habe er müsse heute Abend einen auf Psychofick machen, dann sehe er schon noch wer von uns zwei der Psycho sei. Ich schmeisse mit Papier um mich, beginne zu schreien und sage ihm das er am Sonntag einen Termin bei der Militärpolizei für mich reservieren kann, denn ich rücke nicht freiwillig ein.
Sichtlich erschüttert und verunsichert schickt mich der Feldi in die Pause - Pflichtzigarette rauchen. Ab jetzt darf ich nicht mehr ins Zimmer. Muss warten bis die Köche zurück kommen und dann wird die Post abgehen.

Freitag 21.00 Uhr

Wir treten vor s Zimmer.

AUFTRAG: Planken Sie alle Gegenstände dieses Zimmers vor dem Zimmer sauber auf. Zeit 15 Minuten.

Was heisst alles? Alles! Wirklich alles. Den Reisekoffer, das Bett (inklusive Gestell, Matratze etc.) das persönliche Schränkli, Kampfrucksack, wirklich alles alles. Nach etwa 5 Minuten kommt ein besorgter Obergefreiter zu mir. Fragt mich ob es gehe, und ich solle nicht bös werden, einfach ruhig bleiben und es "easy" nehmen. Ich zische ihn an, er solle sich verpissen und mich in Ruhe arbeiten lassen. "Chömed Sie Savoca, dureschnuufe und den esch es schnell verbi" ich antworte ihm nur: "Dureschnuufe und eis ad Fresse chasch ha, wen d mi ned in Rueh lasch lo schaffe!"

Ab dem Moment stimme ich zum Kanon an:

FROH ZU SEIN BEDARF ES WENIG, UND WER FROH IST, IST EIN KÖNIG

sichtlich genervt, schreit der Oberwachmeister uns an, dass hier nicht gesungen wird. Na gut, dann pfeifen wir halt im Kanon. "UND ES WIRD AU NID PFIFFE", ok wir summen die Melodie.

"Gopferdelli ich han gseit es isch RUEEEEEHHHH!!!!" ok, wir habens kapiert und ab jetzt grinsen wir einfach nur noch. Sozusagen ein Zimmer interner Wettbewerb wer das breitere Grinsen aufsetzen kann =)

"WAS GITS DO Z LACHE?" wir grinsen weiter und präsentieren zwei einhalb Stunden lang, ein Stück nach dem anderen bevor wir es wieder am angestammten Platz versorgen dürfen. Das Grinsen vergeht uns nicht, und auch ein paar derbe Fürze haben wir auf Lager, so dass für unser Kader die Sache mindestens so amüsant wird wie für uns. Aber wir lassen uns nicht ficken, wir halten durch, lächeln, einfach weiter lächeln Jungs.

Um halb zwölf Abends ist die Aktion fertig. Unser Zimmer einigermassen aufgeräumt und das Kader hat zumindest das Gefühl es uns so richtig gezeigt zu haben. Wir mussten uns als Schwule, als "Meitli", als Nichtsnutze, als "Dreckssieche" als "Abfall der Kompanie" und als alles Mögliche betiteln lassen. Aber eines vergessen wir nie dabei.

Immer schön weiterlächeln Jungs.

1 Kommentar:

  1. Interesant / Interessant

    Na ja das du das überhaupt chansch dureziäh erstunt mi.. bzw wohl dass dini vorgsetzte das mitmache :p
    Pass uf .. wenn du so kritike bringsch chans no guät sie das der Mr. ASA no witermache muäs.. Bzw chansch jo am Solzialarbeiter eine flüschtere und denne bisch au dusse ^^
    Na Ja Rekrut es wird alles guät ^^
    Bin uf jede froh dass ich die sch..öne sache usfalle loh draf ^^

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